Samstag, 8. Januar 2011

Neue Trainingsreize im Wintertraining: Laktatschwellen-Training über das volle Spektrum nutzen


Für Läufer, die ihre ersten Wettkampfhöhepunkte 2011 Anfang April haben, beginnt so langsam die Phase der speziellen und spezifischen Vorbereitung. Die Laufumfänge steigen und die Häufigkeit intensiver Ausdauerbelastungen, an und über der anaeroben Schwelle, nehmen zu.

Letzten Monat gab US-Coach Greg McMillan im Netz einige Anregungen für das Laktatschwellen-Training, das hierzulande i.d.R. als Tempolauf im Marathon- bzw. Halbmarathontempo durchgeführt wird und wenig Variation erfährt.

In dieser Stoffwechsellage liegen jedoch große Adaptationspotentiale, die durch gezielte Abwechslung der Intensitäten über das Spektrum vom aerob-anaeroben Übergangsbereich bis hin zur anaeroben Schwelle (und leicht darüber) zur höheren gewünschten Verschiebung der Laktatleistungskurve nach rechts führt. Und damit zu besseren Wettkampfleistungen.

Physiologisch betrachtet ist die Laufleistung durch die maximale (relative) Sauerstoffaufnahme (VO2max), der Geschwindigkeit an bestimmten Laktatschwellen (abhängig vom verwendeten Konzept), der Laufökonomie und anaeroben bzw. neuromuskulären Faktoren bestimmt.

Dem Training an der sog. anaeroben Schwelle kommt eine hohe Bedeutung für die Laufleistung zu. Vereinfacht ausgedrückt ist das der Punkt, an dem Laktatbildung und -abbau sich gerade noch im Gleichgewicht befinden. Darüber hinaus steigt die Blutlaktatkonzentration exponentiell an. Beim fixen Schwellenkonzept liegt der Wert bei 4 mmol/l Blut.

Die erforderliche Energieflussrate pro Zeiteinheit, bei steigender Geschwindigkeit, kann ab diesem Punkt noch unter Hinzunahme anaerob-glykolytischer (laktazider) Stoffwechselvorgänge sichergestellt werden. Laktat senkt den pH-Wert in den Muskelzellen und unterdrückt mittelfristig die aerobe Energiebereitstellung. Die Laufgeschwindigkeit kann nur noch begrenzt, für zirka 30 bis 40 Minuten, gehalten werden.

Folglich gilt: Je höher die tolerierte Geschwindigkeit an der anaeroben Schwelle, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für eine bessere Wettkampfleistung. Das gilt besonders für längere Wettkampfstrecken (z.B. 10 km bis Marathon). McMillan setzt genau hierbei an und empfiehlt ein Tempotraining in 3 Zonen, im unmittelbaren Umfeld der anaeroben Schwelle.

Zone 1: unterer Schwellenbereich

Die Trainingsgeschwindigkeit liegt im aerob-anaeroben Übergangsbereich, bei 2-4 mmol/l Laktat. In dieser Zone liegt auch das Marathonrenntempo (MRT). Ein Tempolauf besteht aus einer Dauerbelastung von 45 bis 90 Minuten im MRT oder leicht darüber, wenn nicht für den Marathon trainiert wird. Ein- und Auslaufen für jeweils 15 bis 20 Minuten vorausgesetzt. Wichtig: Der Trainingseffekt entsteht durch die Belastungsdauer. Also nicht zu schnell laufen.

Zone 2: mittlerer Schwellenbereich

Die Zone liegt sehr nah an der anaeroben Schwelle. Das entspricht dem Wettkampftempo beim Halbmarathon. Eine Trainingseinheit besteht aus klassischen Tempodauerläufen über 20 bis 40 Minuten im besagten Tempo. Ziel ist es, die Einheit kontrolliert zu laufen und nicht ins 10 km-Wettkampftempo zu verfallen.

Zone 3: oberer Schwellenbereich
Das Tempo entspricht der Geschwindigkeit beim 10 km-Lauf. Die Einheiten werden mit der Intervallmethode durchgeführt. In relativ langen Abschnitten von 1.600-2.000 m. Um das Trainingsziel nicht zu verfehlen, werden die Pausenzeiten relativ kurz gehalten. Zirka 25% der Belastungszeit. Bei einem 7 min-Tempo pro 2.000 m-Abschnitt kommen 1:30-1:45 min Pause zusammen. Denn Ziel ist es, einen Gesamtumfang von 6 bis 10 km in diesem Tempo absolvieren zu können.

Periodisierung
McMillan rät dazu, die Einheiten über das ganze Jahr einzustreuen, aber mit 2 konzentrierten Trainingsblöcken pro Jahr, über 4 bis 6 Wochen, mit jeweils mindestens 1 Schwellenlauf pro Woche. Die Anzahl der Blöcke hängt von der Wahl des Periodisierungsschemas ab.

Aus meiner Sicht eignet sich der Trainingsblock besonders am Anfang der speziellen Vorbereitungsperiode:
  • ermöglicht schrittweise Gewöhnung an höhere Laufgeschwindigkeiten, in vielen Fällen bis hin zur Wettkampfgeschwindigkeit. Das schließt mentale Gewöhnungsprozesse und eine verbesserte Laufökonomie im wettkampfnahen Geschwindigkeitsbereich mit ein
  • das Training bei moderaten Laktatkonzentrationen erfordert weniger Regenerationszeit. Der in dieser Phase anvisierte Anstieg des Gesamtumfangs kann bei gutem Verhältnis von Belastung und Erholung realisiert werden. Auch begünstigt durch die großen Abschnittslängen im Tempotraining.
  • Parallel können alaktazide Schnelligkeitsgrundlagen und spezielle Kraftfähigkeiten fortgeführt ausgebildet werden
  • das Training über 3 Zonen bietet Abwechslung und verhindert Belastungsmonotonie. McMillan bericht von besseren Anpassungseffekten
Je nach Wettkampstrecke können im 2. Blockabschnitt (nach 3-4 Wochen) die Inhalte vermehrt an den jeweiligen Anforderungen ausgerichtet werden. Ein 10 km-Läufer könnte bspw. den Schwerpunkt Richtung Tempointervalle legen (alle 2 Wochen, dazwischen eine der beiden anderen Einheiten).

Dieses Vorgehen ermöglicht einen fließenden Übergang zur Intensitätssteigerung in einem sich anschließenden 6-wöchigen Trainingsblock zur Steigerung der maximalen Sauerstoffaufnahme. Typische Inhalte sind hier Läufe nach der Intervallmethode über 800 bis 1.000 m im 3.000 bis 5.000 m Renntempo, bei zirka 5 km Gesamtumfang pro Einheit. Nicht vergessen: ausreichend Regenerieren.

Werde McMillans Vorschlag dieses Jahr ausprobieren und Euch über die Resultate auf dem Laufenden halten.

Keine Kommentare :

Kommentar veröffentlichen