Samstag, 23. März 2013

Regenerationsläufe anders gedacht

Die Funktion von Regenerationsläufen ist dem Terminus innewohnend: die Wiederherstellung und Erhöhung der Leistungsfähigkeit nach adäquat hohem Belastungsreiz. In der Praxis geschieht das meist durch "sehr lockere" Dauerläufe mit einer Länge von 30 bis zu 60 Minuten.

Matt Fitzgerald, namhafter Laufbuchautor und Redakteur auf competitor.com, betrachtet Regenerationsläufe aus einem anderen, für die Trainingsgestaltung spannenden Blickwinkel. Er sieht den wesentlichen Nutzen klassischer REKOM-Läufe nicht in der Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit im physiologischen Sinne. Es sei nicht evident, dass regenerative Läufe die Reparatur muskulärer Mikrotraumata oder die Wiederauffüllung der Glykogenspeicher u.ä. maßgeblich beschleunigen.

Vielmehr interpretiert er den Regenerationslauf als Moderator zwischen zwei sich konträr zugewandter Trainingsziele: Zum einen das Absolvieren möglichst hoher und wettkampfspezifischer Schlüsselreize (alle Formen des Tempotrainings und lange Dauerläufe > 20 km), zum anderen die Realisierung hoher Trainingsvolumina.

Jeder leistungssportlich aktive Läufer weiß, dass die simultane Steigerung von Intensität und Trainingsvolumen eine Gratwanderung darstellt, die in Leistungsstagnation oder einer Verletzungsmisere enden kann.

Regenerationsläufe seien daher als methodische Brücke zu verstehen, um beide Ziele bestmöglich zu vereinen. Er verweist indirekt auf den starken Zusammenhang zwischen Trainingsvolumen und Leistungsentwicklung, unabhängig von der Trainingsqualität. Das Laufen in vorermüdetem Zustand - also wie es REKOM-Lauf der Fall ist - schule die neuromuskuläre Koordination. Mitunter zwischen verschiedenen motorischen Einheiten, so dass ein positiver Einfluss auf die Laufökonomie ausgeübt werde - das sei der eigentlich zu begrüßende Trainingseffekt regenerativer Läufe.

Je öfter die Zielbewegung durchgeführt werde  - unabhängig von der Geschwindigkeit - desto günstiger sei das für die Leistungsentwicklung durch verbesserte Laufökonomie. In Trainingsphasen jenseits des Grundlagentrainings und für Laufsportler, die mehr als 5 Laufeinheiten pro Woche bewältigen, empfiehlt er eine konsequente Umsetzung eines 1:1-Schemas. Das bedeutet: Jeder Schlüsselbelastung (s.o.) schließt sich ein Regenerationslauf an. Abhängig vom Leistungs- und Trainingsniveau, noch am gleichen Tag oder am Darauffolgenden.

Ich finde Fitzgeralds Sichtweise schlüssig. Die erfolgreiche Umsetzung setzt eine klare, mentale Vergegenwärtigung der Zielsetzungen einer jeden Trainingseinheit und der Gesamtperiodisierung voraus. Die vorgeschlagene Methodik verlangt eine starke Polarisierung von Trainingsinhalten. Oft sporadisch durchgeführte Regenerationsläufe bekommen eine Schlüsselstellung. Sie bereiten Belastungen gleichzeitig nach und zugleich vor. Sie erhöhen die Anzahl von Bewegungszyklen im spezifischem Bewegungsmodus - ohne das Gesamtsystem "Läufer" langfristig zu überfordern.

Dabei ist die konsequente Durchführung im Alltag nicht immer leicht. Sind es gerade die im Trainingsplan so harmlos wirkenden, kurzen REKOM-Einheiten, die sich sehr unangenehm anfühlen können. Ist einem die Bedeutsamkeit solcher mutmaßlichen "Lückenfüller-Einheiten" bewusst, sollte die Realisierung wirklich ein Leichtes werden ...

4 Kommentare :

  1. Hallo Patrick,

    wieder ein interessanter Artikel. Wie darin schon geschrieben steht, ist es für die meisten von uns, insbesondere für die berufstätigen "Laufpapas", zu denen ich mit Frau, zwei kleinen Kindern und einer 41-Stunden-Pflichtarbeitswoche auch gehöre, oftmals nicht leicht, allein schon wenigstens 3 "Qualitäts-Trainingseinheiten" (IV, TDL, LL) pro Woche zu absolvieren. Dazu dann noch die beschriebenen REKOM-Läufe, ist man(n) schnell bei 5-6 Einheiten.

    Will man dann noch 1-2 wöchentliche Kraft-/Stabieinheiten absolvieren, wird's richtig eng und oftmals auch stressig, was wiederum einer konstruktiven Leistungsentwicklung im Weg steht.

    Insofern bin ich schon vor längerer Zeit auf das FIRST-Trainingssystem aufmerksam geworden und habe auch mehrmals danach trainiert. Hierbei wird voll und ganz nur auf die drei o.g. Qualitätseinheiten gesetzt. Zudem soll an 2 Wochentagen noch eine zusätzliche, allerdings sehr moderate, Belastung in Form von Cross-Training (Rad, Schwimmen, Kraftzirkel etc.) erfolgen. Gut - im Endeffekt kommt man so auch auf 5 TEs pro Woche, aber diese gestalten sich wesentlich abwechslungsreicher.

    Beim FIRST-Training geht man davon aus, dass eben gerade nicht an den Tagen zwischen harten Laufbelastungen die Laufmuskulatur erneut, wenn auch nur durch einen lockeren langsamen Lauf, belastet werden soll, sondern vielmehr andere muskuläre Strukturen.

    Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass das Training nach dem FIRST-Prinzip sehr effektiv wirkt und ich damit ordentliche Steigerungen erzielen konnte, auch wenn es "nur" 3 echte Laufeinheiten beinhaltet.

    Grüße aus Köln!
    Mario

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  2. Hallo Mario,

    schön, dass Du Dich mal wieder meldest. Wie Du weißt, bin auch ich ein Befürworter von Cross-Training in Phasen mit hoher Gesamtbelastung. Je näher der Wettkampf jedoch rückt, desto eher plädiere ich dennoch für eine Reduktion von alternativen Bewegungsformen (< 10-15% ).

    Hier können zusätzliche passive Maßnahmen, z.B. Massagen, Eisbäder etc. den Muskel-Sehnen-Apparat auf Vordermann bringen und schonen. Je höher Leistungsniveau und -anspruch, desto eher rate ich dazu. Natürlich muss man dazu die nötige Zeitsouveränität mitbringen und das ist bei Beruf und Familie nicht immer gegeben. Somit ist Dein Vorgehen die wohl die beste Alternative ...

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    1. Guten Morgen Patrick,

      ja - ich weiß - das habe ich hier bei Dir auch schon gelesen. Aber es liegt eben in der Tat in erster Linie an der verfügbaren Trainingszeit. Ich würde am liebsten auch 2x täglich an 7 Tagen die Woche trainieren. Aber dann hätte ich Single und kinderlos bleiben müssen. Und das wäre für mich keine Alternative mehr!

      Nein - ich habe in den letzten 3 Jahren - seit dem ich den Laufsport wieder ambitioniert betreibe - vieles ausprobiert. Aber am Ende komme ich immer wieder dahin, dass ich 3 Qualitäts-Einheiten in der Woche absolviere und die restlichen Wochentage für alternativen Sport nutze. Das Wochenende werde ich mir nun auch wieder frei halten, um komplett für die Familie da zu sein.

      Ich trainiere ja seit letztem Jahr mit VICSYSTEM. Da kann ich meine Trainingstage ganz frei festlegen und brauche mir über den Inhalt der Trainingseinheiten keine Gedanken machen. Das finde ich echt genial!

      Grüße aus Köln!
      Mario

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  3. Hallo Patrick,

    habe mir sehr viele Trainingssysteme von verschiedenen Trainern angeschaut, viele lassen die Qualitäteinheiten morgens trainieren und abend dann RDL training (z.B. vicsystem).

    Peter Greif schrieb dass es besser wäre vor einer harten Einheit (abends) morgens eine Runde laufen zu gehen (passt mir besser). Daran halte ich mich dann auch, nur weiss ich nicht was ich am nächten Tag machen sollte, RDL oder schon EDL trainieren?

    was würdest du mir empfehlen?

    mo: FREI
    di: RDL / 200-800m einheiten
    mi: EDL
    do: RDL / 1000-2000m einheiten
    fr: EDL
    sa: RDL / TDL
    so: LDL

    bei mir variieren nur die Umfänge und Intensität, die Struktur versuche ich beizubehalten, so kann ich mir das Training leichter merken :-)

    wenn es dich interessiert kann ich dir den trainingsaufbau als excel-datei schicken, ist dynamisch eingestellt vlad.heints@gmail.com

    PS: Lese sehr gerne deine Artikel, hast mittlerweile Peter Greif überholt ;)

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